Die Vanillekipferltragödie

Andrea Kerstinger
Backen mag ich ungefähr so gerne wie Fensterputzen - also gar nicht. Das Kochen ist mein Ding, das Essen ja auch, und da bin ich eher die Vorspeisen- und Beilagenesserin. Aber im Prinzip esse und koche ich fast alles. Sauer, würzig, salzig, das passt. Ja, O.K., erwischt, ab und zu mal was Süßes zur Nachspeise ist nicht schlecht, vor allem bei Familienfesten und vor allem dann, wenn's jemand anderer macht. Und da habe ich zum Glück ganz hervorragende Zuckerbäckerinnen in der Familie. Aber selber backen? Nein, danke.
Beim Kochen ist das anders. Da kann man herumexperimentieren und aus den vorhandenen Zutaten was Neues zaubern, einen leckeren Salat z.B., einen Auflauf oder auch jede Art von Gericht, das man dann später als “Chinesisch” tituliert - aber probier das mal beim Backen! Da kommt selten was G'scheites dabei raus. Und immer ist es so eine Pantschkerei! Alles pickt, lässt sich schwer abwaschen und riecht süß, da mag ich es am Ende gar nicht mehr selber kosten.
Also backe ich nur, wenn ich “muss”, sprich: wenn die Kinder Geburtstag haben oder Lebkuchen in der Adventzeit ausstechen wollen. Ja eh, wer wird denn den lieben Kleinen schon einen Wunsch abschlagen und als worst Mum aller Zeiten dastehen wollen? Also stelle ich mich in die Küche, mache gute Miene zum süßen Spiel und mache mit der Lebkuchenbackerei selbst dann weiter, wenn sich die Kleinen nach dem ersten Blech vertrollt haben, aber noch ungefähr drei Viertel der Masse zum Verarbeiten übrig ist. Man will ja keine Keksverderberin sein.
Was diese Keksbackerei mit der Vorweihnachtszeit zu tun haben soll, hat mir aber noch nie jemand richtig erklärt. Sicher, auch ich schmücke das Haus weihnachtlich. Ich mag die kleinen Lichterketten, den Adventkranz und die dezenten Engerl. Aber wozu um Himmels willen braucht man die Kekserl, die zu Weihnachten eh keiner mehr anschauen mag?
Wer mir noch immer nicht glaubt, dass ich kein Backwundergen vorweisen kann, dem möchte ich meine heutige Geschichte erzählen: Der Backofen war bereits aufgedreht, da ließ ich mich (von mir selbst) überreden, doch die Vanillekipferl zu backen, die meine Omama immer so gut machte. Frohen Mutes formte ich also die kleinen Dinger und sie sahen gar possierlich aus, als ich sie aus dem Rohr nahm und in Zucker und Vanillezucker wendete. “Komm, nur noch ein Blech!”, sprach ich mir selber Mut zu und walzte seufzend weiter.
Beim vorletzten Kipferl wurde ich schließlich übermütig und steckte mir ein zuckerbestreutes Kipferl in den Mund. Doch, igitt! Was war das denn? Das schmeckte ja … wie Backpulver! Ich hatte doch tatsächlich die beiden äußerst ähnlichen Packungen vertauscht und die Kipferl ungenießbar gemacht!
Die ganze Arbeit umsonst! Nicht einmal zur Licht ins Dunkel-Geschichte eignet sich diese Story, denn das, was ich da fabriziert habe, ist wahrlich kein Lichtpunkt der Menschlichkeit!
Na ja, aber vielleicht habe ich jemanden von euch zum Schmunzeln gebracht. Das wäre doch auch schon was!