Ablenkungsmanöver

FrauXYZ
Der Spaziergang war als Ablenkungsmanöver meiner Eltern an uns Kindern gedacht. Meine Cousinen, meine Geschwister und ich sollten in Begleitung meines Vaters zu einem kleinen Naturteich an einer Waldlichtung marschieren, damit der Christbaum zu Hause feierlich geschmückt werden konnte. Jeder von uns sah aus wie ein Seestern, reingestopft in einen bunten Schianzug, dazu leuchteten unsere roten Wangen speckig unter der Schlupfmütze hervor. Es war ein kalter Tag, der Teich war zugefroren und der Raureif legte sich auf den Ästen der Bäume nieder. Vereinzelt begegneten uns Spaziergänger die Ruhe suchten. Aus Angst, dass Christkind zu Hause verpassen zu können, wollten wir nicht das Haus verlassen. Wie gerne wären wir vor der versperrten Wohnzimmertüre gestanden und hätten mit voller Vorfreude mit einem Trinkhalm durch das Schlüsselloch versucht zu spechteln. Der Gedanke daran, dass sich auf der anderen Seite das Christkind befinden könnte, entzückte uns.
Beim Teich angekommen, zögerte mein Vater den Spaziergang hinaus und begann die Geschichte des weißen Hais zu erzählen. Mit Begeisterung schildert er Szenen aus dem Film, denn trotz eisiger Temperaturen und des zugefrorenen Teiches erhob sich in unserer Fantasie der mächtige weiße Hai aus dem Wasser. Mein Vater deutete einen Sprung an und hob dabei den Arm. Gespannt folgten wir der Armbewegung mit unseren Blicken und da sahen wir es auf einmal. Etwas Unbekanntes, welches uns sofort in seinen Bahnen zog. Was war es? Ist es möglich, dass das… Sterne sind?
Sterne! Es waren fünf golden leuchtende Sterne, die miteinander verbunden waren. Sie bewegten sich lautlos über den Baumwipfeln hinweg, stiegen in den Himmel hoch und sanken wieder ab. Die Sterne bildeten eine Einheit, die in unseren Kinderaugen Faszination auslöste, meinem Vater blieb dieser Anblick verborgen. Es wirkte als wolle es sich nur uns Kindern bewusst zeigen. Das Sternengebilde zog seine Bahnen über uns, flog in eine Wolkendecke hinein und verschwand genauso leise wie es erschien. Unsere Blicke waren weiterhin nach oben gerichtet, die Finger in den Himmel gestreckt, um weitere Flugbahnen zu erahnen. War das das Christkind?