MAXL

Erika Eck
Meine Mutter besitzt ein Biotop mit den Ausmaßen 6 mal 3 Meter, mit einer Tiefe von 1,50 Metern, in dem sich außer einer Menge von Goldfischen in allen möglichen Farben und mit allen möglichen Mustern auch einige große Karpfen, Schleien und Brachsen tummeln. Diese Fische sind nicht zufällig im Teich, denn mein Mann ist ein leidenschaftlicher Fischer mit vielen positiven Fang-Ergebnissen, die er sich in Fischerei-Gewässern holt, wo er fischen darf. Manchmal kommt es vor, dass er einem Fisch das Leben schenkt und ihn ins Biotop entlässt!
Aber der Stolz unseres Biotops ist Cilli, eine Sumpfschildkröte, die mittlerweile ca. 30 Jahre in diesem Biotop lebt, noch nie abgehauen ist und die im Sommer, wenn es sehr heiß ist, aus dem Wasser klettert und am Rand thront wie eine Königin. Sie kennt unsere Stimmen und flüchtet gar nicht vor den Hausbewohnern!
Natürlich werden die Fische und die Schildkröte auch gefüttert und so sind die essbaren Fische, sprich die Karpfen, Schleien und Brachsen, schon sehr groß und dick geworden! Bemerkenswert ist, dass sie erst aus der Tiefe des Biotops auftauchen, wenn sich die kleinen Goldfische vollgefressen haben. Dann schnappen sie das übriggebliebene Futter. Den Fischen ist es egal, ob das Futter speziell für Karpfen oder für Goldfische ist, auch Koi-Futter wird verwendet, oder ob es sich um das Schildkrötenfutter handelt, sie fressen alles, was sie ins Maul kriegen können!
Und jetzt komme ich zu unserem Maxl! Er ist unser größter Fisch im Teich, ein Schuppenkarpfen, ein majestätischer Fisch, der dem Aussehen nach gut und gerne 5 Kilogramm wiegt und sicher ca. 80 Zentimeter lang ist. Wenn er auftaucht und frisst, saugt er das Futter in sein großes, breites Maul und wenn er sich gestört fühlt und mit seiner Schwanzflosse das Wasser aufrührt, ist der ganze Teich eine riesige Welle. Sogar die Goldfische haben Respekt und nehmen vor ihm Reißaus, wenn er sich aus der Tiefe lautlos ans Futter anpirscht! Er ist von allen Fischen am meisten scheu und nicht immer beteiligt er sich an der Fütterung. Sein Verhalten ist das eines Stars, der sich nur zeigt, wenn er es will. Wir sind ganz verliebt in ihn, weil er so mächtig ist und weil er sich so königlich verhält! Aber jedes Jahr, so im Oktober oder November, wenn es auf Weihnachten zugeht, bringt mein Mann das Thema „Maxl“ zur Sprache! Jedes Jahr träumt er davon, den Maxl aus dem Teich zu fangen und ihn für die Pfanne, die zu Weihnachten einen Fisch braten soll, vorzusehen. Jedes Jahr geht dann ein Schrei der Entrüstung los, denn niemand, der den Maxl kennt, würde auch nur einen Bissen hinunterbringen! Unser Maxl hat in diesem Biotop das Ableben und mein Mann, der den Maxl genauso verehrt wie alle anderen, will uns ja nur necken, wenn er von „Maxl, dem Weihnachtskarpfen“ spricht!
Aber es gelingt ihm jedes Jahr, alle in helle Aufregung zu versetzen. Von mir hört er dann immer den Satz, den ich ihm ins Gesicht schleudere: „Freunde (fr)isst man nicht!“