Weihnachtschor

loislane
Obwohl ich keinen geraden Ton singen kann, gehe ich seit Jahren voller Freude zum Chorsingen. In der Menge der Stimmen verlieren sich meine schiefen Töne und tun vor allem niemanden weh. Mein Inneres Kind ist ausschließlich begeistert und setzt sich wöchentlich leichtfüßig gegen den inneren Schweinehund durch - wir gehen singen, das ist fix.
Vor ein paar Jahren erzählt mir eine Chorfreundin vom „Radio-Wien-Weihnachtschor“:
Zugunsten “Licht ins Dunkel” werden Sänger*innen für Wiens größten Weihnachtschor gesucht, die gemeinsam mit jemanden Berühmten der singen kann, ein Weihnachtslied aufnehmen. Die Beschreibung begeistert das Innere Kind, ich habe an den Terminen Zeit und melde mich, ohne viel zu überlegen an und bekomme ein paar Tage später eine Zusage.
Erste Chorprobe im Radiokulturhaus: Ich versinke in den weichen Ledersesseln und der Bewunderung zur Architektur des Hauses. Rundherum pure Aufregung und lauter gute Sänger. Ich überlege, ob ich vielleicht zu übermütig bin, aber die Freude macht glücklich also bin ich hier richtig.
Beim zweiten Termin finden die Aufnahmen im Tonstudio für die CD statt. Ich habe fleißig geübt, kann den Text auswendig und die schwierigen Passagen trällere ich wie ein Engerl. Dann stehe ich vor dem Mikro, die Kopfhörer machen mich taub für das Außen und mir wird elend in den Knien. Der Chorleiter erklärt die Regeln, danach dröhnt die Musik in meine Ohren und ich verstumme. Keinen Piep bringe ich heraus. Vom Tontechniker bekommt die Gruppe Lob und ein paar Verbesserungswünsche und nach der dritten Runde ist die Aufnahme fertig und wir können gehen.
Bei der Aufzeichnung fürs Fernsehen stehe ich zwischen 100en Sänger*innen und bin nur glücklich. Ich bade in den Tönen und Parfumwolken und singe jeden Ton aus vollem Herzen. Gemeinsam mit dem Orchester und dem Solisten füllen wir den Raum mit Gänsehaut.
Danach kann man die fertige CD kaufen. Im Cover steht mein Name. Der Erlös geht an “Licht ins Dunkel” und ich verschenke sie allen meinen Lieben. Ich bin stolz, auch wenn man mich eigentlich nicht hören kann … das gelingt mir erst in den Jahren danach. Der Weihnachtschor wird mein persönlicher jährlicher Adventzauber, der mir dieses Jahr sehr fehlt!