Weihnachtsgeschichte

EvelinWakri
Der Schnee fällt vom Himmel und knirscht unter den Schuhen eines Mannes, der durch die weihnachtlich, festlich beleuchteten Straßen einer großen Stadt schreitet. Allein, obwohl noch alle Geschäfte offen hatten. Niemand ist in der Abenddämmerung zu sehen. Anscheinend sind die Bewohner dieser Stadt, schon zu Hause in den wohligen Stuben, bei ihren Lieben und bereiten sich auf das Fest des Jahres, den Heiligabend vor.
Er bleibt vor einem Blumengeschäft stehen, blickt in die wunderschön gestaltete Auslage. Nach kurzem Zögern betritt er den Blumenladen, blickt sich um und kauft eine dieser traumhaften Orchideen, die er schon in der Auslage bewunderte. Orchideen hat er früher immer am Weihnachtsabend seiner Frau mitgebracht.
Schnellen Schrittes eilt er zur U-Bahn, um in die Peripherie der Stadt zu gelangen. Die Häuser draußen am Stadtrand sind weihnachtlich geschmückt und erstrahlen im hellen Glanz. Der Schnee fällt immer dichter, das Dorf ist bereits tief verschneit, jedoch nimmt der Mann diese Pracht nicht wahr. Seine Gedanken sind bereits am Ziel und die Gefühle eine Hochschaubahn. Seine Schritte werden immer schwerer, wie die Last auf seiner Seele. Dennoch sieht er bereits sein Ziel.
Endlich angekommen, geht der Mann langsam durch den verschneiten Garten aufs Haus zu. Lachen dringt durch die Tür. Er erkennt die Stimmen seiner Söhne, die er so viele Jahre nicht gesehen hat, seit er diese Stadt, dieses Land verlassen hat, um ein anderes Leben zu beginnen. Ob sie es verstehen werden, warum er oft versprochen hat sie zu besuchen und dann doch nicht gekommen ist? Es wird sicherlich nicht einfach und er kann es verstehen, wenn sie ihn nicht sehen und zuhören wollen. Der jüngste seiner Kinder war gerade mal zwei, als es ihn in die Ferne zog und er glaubte, im Ausland schneller Geld zu verdienen, für die Träume seiner Familie. Im Prinzip waren es seine Träume und dann plötzlich war da die neue Liebe. Es war einfach von der Ferne Briefe an die Familie nach Hause zu schicken, mit Geld und vielen Versprechungen. So lebte er seinen Traum vom Leben, bis vor Monaten auch diese Liebe und das Leben zu eng wurden, er immer öfter eine Sehnsucht nach dem Alten in seinem Herzen spürte. So schrieb er an seine Exfrau: Diese Weihnachten komme ich bestimmt. Es kam eine kurze Antwort: Mach keine Versprechungen, die Jungs freuen sich.
Zögerlich drückt er die Glocke. Schritte im Flur und die Tür wird geöffnet, eine Frau steht im Türrahmen, so wie früher, wenn er am Abend nach Hause kam! Automatisch überreichte er ihr die Orchideen: “Verzeih!"
Sie sah ihn an und sagte nur: “Komm rein! Du wirst erwartet, wie all die Jahre zuvor, aber nun ist es Zeit zu vergessen”. Er trat ins Haus und die Tür schließt sich hinter der Frau und dem Mann. Lange herrscht Stille und dann hört man wieder Lachen aus dem Haus. Der Schnee fällt leicht und flockig vom Himmel.
Öffne Deine Tür und Dein Herz, wenn jemand davorsteht und Dich um Verzeihung bittet, nicht nur zur Weihnachtszeit.