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Mobile Betreuer zwischen Risiko und Schutz

Knapp zwei Monate nach Beginn der Coronavirus-Krise fordern Menschen mit Behinderung erneut, stärker in die Bewältigung miteinbezogen zu werden. Die Arge Sodit, der Dachverband der sozialen Dienstleister, kritisiert, dass Schutzausrüstung nach wie vor Mangelware sei. In der Betreuung sei Abstand nicht möglich.
Corona-Zwangsmaßnahmen erschweren Betreuung und Pflege ORF
Die sozialen Dienstleister in der Arge Sodit vertreten rund 3.500 Mitarbeiterinnen und rund 10.000 Klienten mit Behinderungen, Lernschwierigkeiten und psychischen Beeinträchtigungen. Die Schutzmaßnahmen gegen eine Infektion mit dem Coronavirus prägt die Arbeit seit Wochen. Noch immer sei hinter der Lieferung der Schutzmaterialien kein Konzept ersichtlich, so Arge Sodit Obmann Ludwig Plangger vom MOHI Tirol.
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Das MOHI Tirol z.B. erstellt wöchentliche Bedarfs- und Bestandslisten, doch die vom Land zugewiesenen Pakete hätten den Charakter von Überraschungspaketen. Als Anfang Mai eine große Kiste eintraf, dachte man im Mohi, dass die Hilfe „jetzt langsam anrolle“, so Plangger. Beim Öffnen stellte sich heraus, dass der Karton nur zu einem Viertel gefüllt sei – mit wichtigem Material, aber nicht dem bestellten. Statt einer Lieferung von 85 bestellten Schutzbrillen Mitte März seien die ersten vier Anfang Mai eingetroffen.
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Schutzausrüstung für Betreuungsverhältnis maßgeblich

Die Problematik der Schutzausrüstung trifft alle mobilen Sozialdienstleister, denn ihre Arbeit beruht auf dem Prinzip von Nähe und Kontakt. Beim Zähneputzen, Essen verabreichen, in die Kleidung helfen lässt sich der geforderte Abstand von eineinhalb Meter nicht einhalten.
Am Beispiel von Ingrid Göbbelova, bedeutet das ein ständiges Abwägen, wie nahe sie ihren Klienten körperlich kommt. Einer von ihnen hat z.B. Diabetes und ein Lungenleiden. Wenn sie ihm, z.B. beim Trinken, hilft, muss sie eine Abfolge aus Maßnahmen einhalten: Handschuhe ausziehen, Hände desinfizieren, zu trinken geben, Hände desinfizieren, neue Handschuhe anziehen.
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„Bitte gehen Sie, ich kenne Sie nicht“

Auch der Mund-Nasen-Schutz ist manchmal störend, für viele Patienten aber unmöglich. Manche Klienten mit Sprechschwierigkeiten seien mit Mundschutz noch schwerer zu verstehen als sonst, der Mundschutz bleibt nicht wie vorgesehen über Nase und Mund, Betreuerinnen müssten Klienten ständig mit den Händen ins Gesicht greifen.
Dass vom Gesicht der Betreuungsperson nur die Augen zu sehen sind, beeinträchtigt die Kommunikation, für die die Mimik wesentlich ist. Klienten mit psychiatrischen Erkrankungen fürchten sich vor „maskierten“ Begleiterinnen, so die Erfahrung von Ingrid Göbbelova. Eine Klientin mit einer psychiatrischen Erkrankung habe sich zu Beginn der Quarantäne vor der Betreuerin gefürchtet und gesagt, „bitte gehen Sie, ich kenne Sie nicht“.
 

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