Ohne Regie geht gar nichts

Regie-Assistent der ersten Stunden war Kurt Pongratz, der heutige ORF-Chefregisseur. Dass die Weihnachtssendung für LICHT INS DUNKEL einmal ein Millionenpublikum erreichen würde, war Ende der Siebzigerjahre nicht denkbar. Man arbeitete mit den einfachsten Mitteln, die oftmals kurzfristig entwickelt wurden, wie zum Beispiel die Inserts mit den Spendernamen und -beträgen. Dass solche „Nebensächlichkeiten“ den Erfolg der Sendung ausmachen würde, war nicht vorhersehbar. Mit Sendungselementen von damals wurden die Grundsteine für eine der heute erfolgreichsten TV-Live-Sendungen des ORF gelegt. Kurt Pongratz erinnert sich.
Absolut untrennbar verbunden ist LICHT INS DUNKEL mit Otto Anton Eder (OAE). Der geniale Live-Regisseur der ersten ORF-Fernsehproduktionen war nicht nur einer der Erfinder des legendären „Club 2“, sondern auch das inszenatorische Mastermind hinter der längsten „ORF-Liveshow“ des Jahres. Ich durfte von 1979 bis 1984 als persönlicher Assistent den Meister bei allen Produktionen begleiten. Und war und bin daher auch Teil des LICHT INS DUNKEL-Teams; zwar nicht der ersten Stunde, aber doch sehr früh: ab 1979. Und da gab es für mich zum Einstieg als Assistent von OAE die Versteigerung zu Gunsten von LICHT INS DUNKEL im Wiener Dorotheum. Eine Live-Show mit Peter Rapp als Moderator, … ja, DEM Peter Rapp, Idol meiner Jugend. Der war lässig und irrsinnig weltberühmt in Österreich. Ich konnte es kaum fassen… Am ersten Probentag durfte ich am Regieplatz im Ü-Wagen neben OAE sitzen, der mich aus Zeitmangel Rapp noch nicht vorstellen konnte. Rapp spulte einfach sein Probenprogramm herunter, schnell, lässig, nicht sonderlich engagiert. Das gefiel OAE gar nicht. Nun gab es damals noch keine Funkgeräte für Assistenten oder Inspizienten. Jede Kommunikation zwischen den Mitarbeitern außer für Kamera, Ton und Licht wurde persönlich durchgeführt. Eder war erbost, weil Rapp so schnell und uninspiriert die Teile präsentierte, die zu ersteigern waren, und befahl mir raufzulaufen (der Ü-Wagen stand ja auf der Straße, der Versteigerungssaal war im 1. Stock des Dorotheums) und Rapp zu sagen, „er soll nicht so hudeln, der Wappler“ bei der Präsentation der einzelnen Exponate. Ich lief also in freudigster Erwartung die Treppe hoch, endlich einmal dem lebendigen, wahrhaftigen Peter Rapp gegenüberzustehen und ihm eine Nachricht des legendären Regisseurs überbringen zu dürfen. Im Saal angekommen rief ich: „Herr Rapp“, der mich natürlich ignorierte, „Herr Rapp“, rief ich nochmal, „der Herr Eder sagt, Sie sollen nicht so hudeln, … Sie Wappler!“. Wappler hörte er! Vorbei mit der Ignoranz. Wer wagte es ihn so anzusprechen, noch dazu, ohne sich vorzustellen. „Was erlauben Sie sich! Wer san Sie und was wollen Sie?“ brüllte mich mein Idol an. Ich war verzweifelt, wie konnte ich es wagen. Wie konnte ich vergessen, dass gerade unter Berühmtheiten wie Peter Rapp und O. A. Eder alle Regeln des guten Benehmens das höchste Gut waren. Ich entschuldigte mich also aufrichtig bei Peter Rapp, mich nicht als neuer Assistent von Otto Anton Eder vorgestellt zu haben. Der berühmteste Moderator des Landes nahm meine Entschuldigung an, meine Promi-Welt war wieder in Ordnung, und ER entließ mich mit den Worten: „Und Pongratz, sagen Sie dem Otto…“, und dann folgte aus dem Mund des von mir so verehrten Fernsehstars das Götz-Zitat für meinen Chef Otto Anton Eder. Ich war in der Showbranche angekommen!
Kurt Pongratz erinnert sich ORF, Live Regisseur ORF/Milenko Badzic
Kurt Pongratz erinnert sich
Viele Selbstverständlichkeiten der heutigen LICHT INS DUNKEL-Produktion sind Ergebnis von damals hitzig geführten, nicht immer leisen „Diskussionen“ der beiden Alpha-Männchen O. A. Eder und Ernst Wolfram Marboe. Einer dieser Diskussionspunkte war: wie kann man den Zuschauer, und damit potentiellen Spender, animieren sein Geldbörserl zu öffnen und 5, 10 oder gar 15 Schilling für Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu spenden? Otto setzte, frei nach Andy Warhol, auf die Eitelkeit des Menschen und wollte die spendenden Zuschauer mit Namen und Spendenhöhe einblenden; Ernst Wolfram glaubte zwar nicht sofort daran, dass das technisch umsetzbar wäre, wollte aber den Versuch nach vielen Gesprächen mit OAE wagen. Was heute nahezu vollautomatisiert in der Regie jederzeit und ohne Verzögerung zur Verfügung steht, nämlich das Einblenden der Namen und Spenden, wurde 1979 so gelöst: Ein Anruf kam ins ORF-Zentrum und wurde, von vielleicht 10 Telefonisten und Telefonistinnen entgegengenommen. Handschriftlich wurden Name, Adresse und Spendenhöhe notiert, dann wurden diese Informationen von jemand anderes auf einer Schreibmaschine auf ein DIN A4-Blatt getippt; 10 Namen und Spenden in 10 Zeilen mit großem Zeilenabstand. Dann wurde dieses Blatt an der Schmalseite gelocht und von einem Programmmitarbeiter (so hießen Inspizienten damals) an einer besonderen Vorrichtung in einem eigenen Studio (eher Kammerl) angebracht. Dort war eine Kamera mit Kameramann (Kamerafrauen gab’s noch nicht) positioniert, und wenn ich als Regie-Assistent dann endlich verkünden konnte, die Spenderinserts sind bereit, schrie OAE in heroischem Ton: „ACHTUNG NAMEN! IHR SEIDS DRAN!“ Und dann schwenkte der Kameramann, ganz langsam und ruhig in 15 Sekunden die 10 Namen auf dem DIN A4-Blatt ganz groß von oben nach unten ab. Jeder Name und die dazugehörige Spende waren in ganz Österreich zu sehen. Eines der Erfolgsgeheimnisse von LICHT INS DUNKEL: 15 SECONDS OF FAME!
Jahre später durfte ich, nach Otto Anton Eder, die Hauptregie in der Zentrale am Küniglberg übernehmen und ich habe das mit gleichem Herzblut wie der Meister getan. Mit dem Peter Rapp habe ich unzählige Shows produziert, natürlich in Freundschaft und großer Verbundenheit. Wir lachen immer über den „Wappler“ und gedenken in tiefer Zuneigung Otto Anton Eder, dem Regie-Mastermind von LICHT INS DUNKEL. Mittlerweile führt Heidelinde Haschek Regie, lange Jahre meine engste Mitarbeiterin, und beweist seit Jahren, dass sie ebenso mit großem Engagement dem zentralen Anliegen der Aktion LICHT INS DUNKEL gerecht wird: Hilfe und Unterstützung für Menschen mit besonderen Bedürfnissen!